Runter vom Gas!
Andreas Blassy,
01.06.2022
Energie

Runter vom Gas!

Die Zeit drängt. Bis zur nächsten Heizperiode müssen Alternativen unter anderem zum russischen Erdgas her, sonst drohen Gebäudebetreibern unabsehbare wirtschaftliche Risiken. So manches Konzept lässt sich schon über den Sommer verwirklichen – aber die Investition lohnt vor allem langfristig.

Die Gaslieferungen drohen ...

ins Stocken zu geraten, als Folge des Ukraine-Krieges, aufgrund von Sanktionen an beiden Enden der Pipelines. Und auch der Transit von russischem Gas wurde eingeschränkt: Im Gebiet Luhansk musste er eingestellt werden. Damit fehlen aktuell bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag für unsere Energieversorgung. Im Wirtschaftsministerium sieht eine Sprecherin kein Risiko – zunächst.1

Für Gebäudebetreiber stellt sich die Frage: Wie bleiben Büros und Produktionsanlagen auch im Winter 2022 ohne Handschuhe und Mütze nutzbar? Wie’s gegangen wäre, wenn man vor Jahren agiert, statt jetzt reagiert hätte, ist klar: Durch energetische Sanierung lassen sich Gebäude heute schon von Erdgas unabhängig machen: Energiesparkonzepte, bis zur Null-Energie-Variante gibt es längst, Vollwärmeschutz, Wärmerückgewinnung, Wärmepumpen und viele andere energieeffiziente Technologien sind verfügbar.

Für energetische Sanierungen gibt es denn auch großzügige Subventionen, zum Beispiel die „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG). Die Caverion Energieeffizienz-Expertinnen sind zur Antragstellung von BEG-Maßnahmen berechtigt und können die Fördergelder gleich bei ihren Empfehlungen und Angeboten berücksichtigen.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, ...

… anzufangen: Dass man die Sanierung trotz hoher Auslastung bei den Gebäudeausstattern hier und heute planen und in Auftrag geben sollte, steht außer Frage, denn Experten gehen davon aus, dass sich der Krieg noch lange hinziehen wird – und selbst danach wird die Welt nie wieder so sein wie vor dem 24. Februar 2022. Wenn es aber irgendeine positive Auswirkung dieses katastrophalen Konflikts gibt, dann die, dass Innovationen und Investitionen in der Energieversorgung nicht länger durch wohlfeiles Erdgas erstickt werden.

Daten sparen Energie …

… so wie auch Kriege durch Informationsvorsprung gewonnen werden. Den Kampf gegen Gasverknappung und Klimawandel können wir ein Stück weit für uns entscheiden, indem wir zum Beispiel Gebäudetechnik digitalisieren, indem wir Daten sammeln und, darauf aufbauend, Energie dort einsetzen, wo sie wirklich gebraucht wird. Eine Modernisierung der Gebäudeautomation und Ergänzung durch ein Energiemonitoringsystem lässt sich ohne große Baumaßnahmen umsetzen und spart bereits bis zu 30 Prozent der Energiekosten.

Eine zeitgemäße, integrierte Gebäudeautomation bildet zudem die Grundlage für eine weitaus effektivere und damit energieeffizientere Nutzung von Büroflächen: Im modernen Shared-Desk-Büro stehen kaum mehr Schreibtische leer, und viele Mitarbeitende arbeiten zumindest teilweise von zu Hause aus. „Die Homeoffice-Nutzung bleibt … nach Abschaffung der Pflicht am 20. März auf einem hohen Niveau“, stellt ifo-Experte Jean-Victor Alipour fest. „Offenbar haben sich viele Unternehmen dauerhaft auf flexiblere Modelle eingestellt.“2 Gut so: Wir treffen uns im Büro, wenn Kommunikation von Mensch zu Mensch erforderlich ist, und wir bleiben daheim, wenn wir kontemplativ arbeiten, und dabei auch Energie sparen möchten. Ein flexibles und digital optimiertes Büro-Nutzungskonzept macht’s möglich. Auch dieser Blog wurde im Homeoffice geschrieben und dann im Büro diskutiert und weiterentwickelt.

Eine Patentlösung …

… für die existenzbedrohende Krise in Europa gibt es nicht. Das gilt auch für die Energieversorgung. Umso mehr müssen wir unseren technologischen Vorsprung einsetzen: Jetzt das Machbare umsetzen und langfristig das Optimale erreichen. Dabei dürfen wir das Problem nicht nur versorgungsperspektivisch angehen. Ja, der Gasnachschub muss gesichert bleiben – viel wichtiger ist allerdings: Wir müssen dafür sorgen, dass kurz-, mittel- und langfristig weniger Gasnachschub erforderlich ist. Was wir brauchen, ist mehr Energiesouveränität – durch eine professionelle Analyse des Ist-Zustandes, durch Sanierung und Ertüchtigung des Gebäudebestands, durch eine Verteilung auf mehrere Energieerzeuger, durch Mindestenergieeffizienzstandards für die energetisch schlechtesten Gebäude, durch eine zielgerichtete Digitalisierung und durch Planer und Gebäudebetreiber, die das Problem gemeinsam mit uns proaktiv angehen.

Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer – und nutzen Sie ihn richtig!

Quellen: Spiegel,  tagesschau

Über den Autor

Andreas Blassy
Andreas Blassy Leiter Digital- & Energie Services

Text: Eva-Maria Beck, Illustration: Thomas Hardtmann